Rezension

22-Pistepirkko

(Well You Know) Stuff Is Like We, Yeah!


Highlights: Suburban Ladyland // Summer Triangle // Smileys Are Not Enough
Genre: Rock
Sounds Like: Beach Boys // B.R.M.C. // Blues Explosion

VÖ: 07.03.2008

Zwölf Alben in fast dreißig Jahren Bandgeschichte. Genug um regelmäßig klar zu stellen, uns gibt es noch. Das sind 22-Pistepirkko.

Schon Anfang des Jahrzehnts – oder gar noch früher – schrieb die Spex sinngemäß, 22-PP besäßen alles, was gut und teuer sei, ebenso wie alles Gute und Billige. Für das eine standen Phil Spector und die Beach Boys, für das andere unter anderem The Stooges. Alle Bestandteile wiederum, so die Spex, würden einfallsreich oder gar genial zusammengemischt, so dass die Band kaum retro klinge. Eine solche ausführliche Paraphrasierung rechtfertigt sich natürlich nur, wenn einem selber die Worte fehlen und / oder die weiterverbreitete Botschaft weiterhin der Wahrheit entspricht.

Die Bestandteile der Musik mögen sich geändert haben. So klingt „Angoulême 2036“ eher nach Cornershop oder Kula Shaker, während „Sky Girl“ tief in einem drogenschwangeren Blues watet. Aber der Reiz der 22-PP’schen finnischen Interpretation amerikanglistischer Spielarten populärer Musik liegt nicht zuletzt im Beobachten der Kreativität, mit der die Band die Versatzstücke, die Vorlagen, die Grundstrukturen aufgreift, daraus Neues schafft, das dann selbst zeitlos – und vor allem überzeugend – dasteht bzw. klingt. Dabei liegt das Selbstverständnis der Band natürlich eher weit entfernt von den aktuell gehypten, rockenden skandinavischen Kopisten.

Vielmehr bilden die – offensichtlichen – Anlehnungen eher kollegiale Verbeugungen auf Augenhöhe, seien es nun Billy Corgans alte Formation in der Urform („Aquarius Zero“) oder Velvet Underground („Garbage Land“). Die Spanne der Vergleiche lässt sich auf die Spanne der präsentierten Musik übertragen. Von bluesig-ruhig bis rockend-rasant, von düster-reduziert bis aufgekratzt-poppig, von den sumpfigen Tiefen des Südens bis an die Westküste der U.S. of A. reicht das Spektrum der Songs.

22-Pistepirkko bilden im Grunde ein Relikt, eines das in einer Reihe mit den Breeders, Sonic Youth, Twilight Singers oder Motorpsycho steht. Ehrlich rockende Musik, bei der immer auch ein Hauch Nostalgie mitspielt. Um so überraschender ist es da, wie vollständig überzeugend und frisch „(Well You Know) Stuff I Like We Yeah“ klingt und wie viele kleine Überraschungen sich in einer nur zehntägigen Aufnahmesession doch einbauen ließen. In diesem Zusammenhang sei insbesondere auf das wendungsreiche „Smileys Are Not Enough“ verwiesen, das in seinem Titel zudem noch eine sehr wichtige Aussage für das Web 2.0 enthält.

Im Angesicht von Chartsterror hierzulande schaut man doch fast neidisch auf die finnischen „Nachbarn“, bei denen „(Well You Know) Stuff I Like We Yeah“ doch tatsächlich – und vollkommen verdient – auf Platz 6 der Albumcharts eingestiegen ist. So etwas geht? Sicher nicht hier. Leider.

Oliver Bothe

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