Häufig versteht die Nachwelt ja jene Künstler als die größten und wichtigsten einer Epoche, in deren Werken sich die markantesten Weltanschauungen, Lebensumstände und kulturellen Eigenarten ihrer Zeit widerspiegeln. Dies war schon im Mittelalter mit "Beowulf" so, es kann von Gryphius' gottesfürchtiger Barocklyrik und auch von Charles Dickens' Gesellschaftsromanen behauptet werden. Es mag zunächst merkwürdig erscheinen, aber: Der Zeitgeist des jungen dritten Jahrtausends wiederum wird vielleicht nirgendwo so sympathisch verarbeitet wie in der Liedermacherkunst des Funny van Dannen.

Man nehme die Wirtschaftskrise als Beispiel: Betreffen tut sie uns alle, ihre Gründe und mögliche Lösungen versteht eigentlich keiner - Funny van Dannen entgegnet ihr daher ein simples Hallo und schlaue Sprüche und fragt sich, wie die Zukunft aussehen möge: Katastrophe und/oder Kochevent? ("29 Marienkäfer"). Das Konjunkturpaket, das praktischerweise vor der Tür steht, ist leer ("Aktienpaket"), "Innehalten" und in die Seele sehen sind Bewältigungsstrategien und einfach in den unpassendsten Situationen einmal "Sozialismus" sagen manchmal kaum noch abwegig: Funny weiß Bescheid.

Als Medium für seine Kunst benötigt Funny van Dannen seit jeher nur äußerst selten mehr als seine Stimme und seine Akustikgitarre: Das war schon immer so und wird sich wohl kaum je ändern. Im Popdiskurs nennt man so etwas heute gerne "Singer/Songwriter", doch passt der eventuell etwas staubige Begriff "Liedermacher" besser, da dieser in Stimmung und Themen scheinbar flexibler sein kann: Nicht nur bereits erwähnter Gesellschaftskommentar steht auf dem Programm, oft unterhält van Dannen einfach mit Nonsenstexten ("Pflanzendisco", "Auch nur ein Tier") oder stellt ganz im Gegenteil wunderbare Überlegungen über Leben und Liebe an ("Sternschnuppen", "Zum Leben").

Dies alles macht Funny van Dannen natürlich schon seit anderthalb Jahrzehnten so, und er mag im Schnitt mit Sicherheit auch schon einmal witziger, pointierter, gehaltvoller gewesen sein. Dennoch bleibt er - siehe obige Überlegungen - auf seine eigene Art vielleicht einer der relevantesten Künstler, die Musikdeutschland besitzt. Mal schauen, wie die Nachwelt einmal zu ihm stehen wird.

Jan Martens

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