Rezension

Plus/Minus

You Are Here


Highlights: She´s Got Your Eyes // Summer Dress 1 // Surprise // Everything I See Makes It Feel Wrong
Genre: (Oft sphärischer) Indie-Rock // Elektrogefrickel
Sounds Like: Dredg // Mew // Bodi Bill // Styrofoam // Silverchair

VÖ: 25.07.2008

Es war unglaublich heiß heute. Nun ist es Nacht und immer noch nicht kalt, nur die Sonne ist weg. Stattdessen erleuchten Blitze den Himmel und die Umgebung. Das könnte einen richtig schönen Sommerschauer geben. Wie war das noch gleich mit den Blitzen? Waren das nicht … positiv und negativ geladene Teilchen, die aneinander reiben?! Ja, tatsächlich, so ähnlich jedenfalls. Einmal gegoogelt und schon ist das Gedächtnis wieder aufgefrischt. Und dann denke ich: Hey, du könntest dir ja mal +/- anhören und dich fragen, wie man darauf kommt, sich so zu benennen. Da muss jemand die Physik gerne haben. Oder die Mathematik. Oder aber einfach nur die Zeichen + und – mögen. Denn sie sagen gleichzeitig so viel und so wenig aus. Hinter diesem Bandnamen könnte alles stecken. Und was steckt wirklich dahinter? Das ist schwer zu sagen.

Plus/Minus, das sind James Baluyut, Chris Deaner und Patrick Ramos. Eigentlich bildete sich die Band als Seitenprojekt, um ein paar Songs des Versus-Gitarristen James Baluyut unterzubringen, wurde aber schnell zu einer Hauptbeschäftigung. Im vergangenen Jahr erschien „Let’s Built A Fire“, der erste Longplayer der Band, der von einem breiteren Publikum wahrgenommen wurde. Daher kommt wohl auch jetzt die Wiederveröffentlichung des eigentlich schon 2004 erschienenen „You Are Here“. Zu den 12 regulären Songs bekommt man noch eine Bonus-CD geboten. Mit ungeschnittenen Versionen einiger Songs und viel zusätzlichem Material.

„She´s Got Your Eyes“ eröffnet das Album mit wundervoll eingängiger Bassmelodie. Dazu zarter Gesang. Man fühlt sich aufgehoben. Beruhigt. Auch „Scarecrow“ klingt eher danach, als ob man seine Augen schließen und einfach nur lauschen sollte. Man sitzt doch gerade ganz gemütlich auf dem Sofa, was will man mehr?! Aber dann überrascht „Trapped Under Ice Floes“. Passt irgendwie in das Ganze nicht hinein. So würden Linkin Park in schönem Indie-Gewand klingen. Ohne Gekreische, dafür freundlich und mit poppigem Gesang. Es bleibt nicht nur bei einer Überraschung. Man sollte einfach keine vorgefertigten Erwartungen haben. „Summer Dress 1 (All Her Winter Clothes)“ klingt nach einem schönen Singer-/Songwriter-Song. Hauptsächlich mit Akustik-Gitarre begleitet singen +/- von einem Mädchen, deren Sommer-Kleid symbolisch für einen Neuanfang steht. „In The Morning Before He Wakes Up / She´s Collecting Her Clothes Around The Bed // Walking Tip-Toes And Fixing Her Hair / Shuts The Door / And She Runs Down The Stairs // In Her Summer Dress / She Walks On Home / All Her Winter Clothes Are Gone // There Is No Looking Back / And There Is No Fear”.

“Ventriloquist” leutet die Elektrophase ein. Der gedämmte Gesang und die experimentellen Töne könnten auch von Styrofoam stammen. „Surprise“ erinnert im anfänglichen Instrumentalteil durch die tiefen mysteriösen Computertöne an ein altes „Adams Family“-Gameboy-Spiel und wird auch nicht weniger düster, wenn der Gesang beginnt. Eigentlich möchte man eine solche Überraschung gar nicht bekommen, wenn rätselhaft gesungen wird: „Oh, I´ve Got A Surprise Waiting For You!“. In „No One Sees You Like I Do“ geht es aber erst recht mit den creepy Lyrics los. Aus der Sicht eines Stalkers wird beschrieben, was da eine Person gerade in ihrem Haus tue und was man alles durchs Fenster sehen könne. Wenn dann noch von geheimnisvoller leiser Elektronik plötzlich in laute Gitarren gewechselt wird, fühlt man sich gleich wie in einem Krimi-Hörspiel. „Megalomaniac“ erinnert nicht wirklich an den gleichbetitelten Incubus-Song, sondern bietet einfach als poppiges Gitarrenlied eine kleine Aufmunterung nach den vorangegangenen düsteren Songs. „Everything I See Makes It Feel Wrong“ schließt den Zirkel, indem es wieder zu den ruhigeren Tönen des Anfangs zurückkommt und bietet zum Schluss noch eine schöne Varietät mit Holzblas-Instrument-Melodien und Rasseln.

Auf jeden Fall ist es ratsam, sich Mal wieder den Genuss des Kopfhörer Hörens zu gönnen. Nicht nur „Walk In A Straight Line“, mit gar nicht geradlinigen Soundverteilungen auf den Ohren ist ein perfektes Beispiel dafür, und auch an vielen anderen Stellen wirkt die Musik noch viel intensiver, wenn da erst ein Trommelwirbel von links, dann ein Glöckchen von rechts und dann die prasselnden Gitarren von beiden Seiten her kommen. Falls man Angst vor Gewittern haben sollte, ist es sowieso eine gute Lösung sich Kopfhörer aufzusetzen und sich ganz auf die Musik zu konzentrieren. Und wenn nicht, schaut man es sich einfach an und genießt den Soundtrack dazu.

Marlena Julia Dorniak

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