Rezension

The Hotelier

Goodness


Highlights: Goodness Pt. 2 // Piano Player // Opening Mail For My Grandmother
Genre: Emo
Sounds Like: The World Is A Beautiful Place... // Sunny Day Real Estate // Moose Blood // Modern Baseball

VÖ: 27.05.2016

Güte. Tugend. Ein überraschter Ausruf für die, die nicht fluchen wollen. Oder vielleicht einfach nur eine Ansammlung nackter Menschen mittleren Alters auf einem Albumcover - „Goodness“ ist ein Begriff, der sich schwer greifen oder auch nur übersetzen lässt. The Hotelier verfolgen ihn trotzdem.

Den Weg beginnt die Band aus Massachusetts da am wahrscheinlich ganz anderen Ende: An der Überwindung von „Home, Like NoPlace Is There“, in dessen Zentrum eine tragische Existenz als junger Erwachsener stand, auf der Suche nach allem und nach sich selbst. Auf „Goodness“ wirkt Sänger Christian Holden oft nicht sicher, den Ausweg gefunden zu haben, raus aus der Dunkelheit und hin zum universell Guten, das jedem Menschen innewohnen soll. Und doch kann man beim Hören nicht anders tun als denken, dass sich The Hotelier zumindest auf den richtigen Weg gemacht haben.

Wie sie das tun, das hätte in den Neunzigern womöglich noch Emo geheißen, als es noch verpönt war, zu singen statt zu schreien und als Gitarrenriffs dich noch herumschubsen mussten, statt eine warme Decke über dir auszubreiten. Die Entstigmatisierung dadurch, dass im Allgemeinverständnis des Genres Poppunk noch ein Fensterchen für Bands wie Modern Baseball, The World Is A Beautiful Place And I Am No Longer Afraid To Die und eben The Hotelier geöffnet wurde, hat es vielleicht nicht besser gemacht. Doch brechen The Hotelier aus diesem Schema immer wieder aus: sparen etwa bei der Instrumentierung wie etwa beim fast komplett aus einem Schlagzeugbeat und Gesang bestehenden „Goodness Pt. 2“ oder fügen der wunderschönen Ballade an die sterbende Großmutter „Opening Mail For My Grandmother“ nur an bestimmten Stellen elektrische Gitarren hinzu. Manchmal arbeiten sie mit Verzerrungen („Settle The Scar“). Manchmal reichen auch einfach Lagerfeueraufnahmen, wie bei jenen Songs, die wie geographische Koordinaten benannt sind, wo sie unter einer Mondfinsternis spielten.

Manchmal ist aber nicht mal mehr Musik unbedingt notwendig – dann ist der einprägsamste Opener ein umgeschriebenes Kinderlied, als Gedicht vorgetragen. Und so ist es dann auch kein Song, keine Melodie, die wirklich im Zentrum von „Goodness“ stehen, sondern ein Wort in „Two Deliverances“, wie ein Mantra wiederholt: Sustain. Standhalten also. Was auch immer – der Dunkelheit, der Einöde der Mittzwanziger, dem Leben. Doch eigentlich hat man das Gefühl, The Hotelier wären auf „Goodness“ schon darüber hinaus.

Jan Martens

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